Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Wir wollen gehört werden!“

Widerstand der Bevökerung formiert sich

Kurz vor Beginn der Verbandsversammlung des Planungsverbands 2, die am Donnerstag, dem 21. März, im Gemeindeamt Lechaschau stattfand, fand sich eine bunt zusammengesetzte Gruppe von etwa 20 Bürgern ein und zeigte mit Transparenten ihre Kritik am Fernpass-Paket.
25. März 2024 | von Sabine Schretter
„Wir wollen gehört werden!“
Mit einer Kundgebung im Vorfeld der Planungsverbandsversammlung wollten sich Bürger Gehör verschaffen. RS-Foto: Schretter
Immer lauter werden die Rufe der Bevölkerung, die sich von den Entscheidungen der Landesregierung übergangen fühlt. Eine kleine Abordnung war bei der Landtagssitzung anwesend. Weit mehr Menschen waren zu einer Kundgebung im Vorfeld der Verbandsversammlung des Planungsverbandes 2 am 21. März zum Gemendeamt Lechaschau gekommen. Initiatorin der Aktion war Regina Karlen, die erklärte: „Das Fernpass-Paket zeigt deutlich, wie sehr über die Bürger hinweggefahren wird.“ Genau darum standen einige auf und machten auf ihre Anliegen aufmerksam. Markus Scheidle aus Lermoos: „Es geht einfach nicht, dass über unsere Köpfe hinweg über den Bau des Scheiteltunnels entschieden wird, dessen Sinnhaftigkeit nicht einmal die Bürgermeister erklären können. Mit unserem Widerstand soll ein Stopp dieses Projekts bewirkt werden.“ Waltraud Heinrich aus Breitenwang verspricht: „Wir werden wehrhaft bleiben, so lange wie möglich!“  Warum die Tiroler Landesregierung nur die eigenen  Gutachten als Bemessungsgrundlage heranzieht, ist eine Frage, mit der sich Sabine Kerber aus Biberwier beschäftigt. „Warum werden nicht auch andere seriöse Gutachten, etwa die der AK, betrachtet? Ich habe große Angst, dass das 7,5 Tonnen-Limit fällt.“ Diese Angst zeige sich parteiübergreifend bei großen Teilen der Bevölkerung. „Daher muss diese Problematik auf EU-Ebene und nicht anhand von Gutachten abgeklärt werden“, fordert Regina Karlen. „Es ist  beschämend, wie man mit uns umgeht“, machte Alois Gratl seinem Ärger Luft. „Die Entscheidung für dieses Fernpass-Paket ist falsch und geht gegen die Bevölkerung im Außerfern. Daher stehe ich heute hier. Ich möchte etwas tun, nicht nur schimpfen. Ich kämpfe für unsere Zukunft“, sagt Christine Schneider. Alfred Hofegger aus Pflach ist überzeugt, dass „drei Kurven weniger verkehrstechnisch am Fernpass wenig Unterschied machen. Mauttechnisch ist ein Gewinn zu lukrieren und uns will man aber mit ein paar Gutscheinen abspeisen“. Gerhard Payr ist gebürtiger Osttiroler und lebt in Reutte: „Ich tue meine Meinung für unsere Kinder und Enkel kund. Sie können noch nicht abschätzen, was es heißt, bei jeder Fahrt ins Inntal Maut bezahlen zu müssen. Als Osttiroler weiß ich, wovon ich rede. Es ist nicht richtig, dass man den Scheiteltunnel für die Maut braucht. Richtig ist aber, dass die zweite Röhre beim Lermooser Tunnel gebaut wird. Denn hier geht es um unsere Sicherheit.“ „Es wird uns nur weggenommen!“, so die klaren Worte des Biberwierer Alt-Bürgermeisters Paul Mascher. „Ich rede jetzt dem Planungsverband Zwischentoren drein und frage: Was sollen die Sekundärwege. Wer braucht die? Und wem nützen sie? Wie viel Landschaft wird durch die Mautstellen zerstört?“ Der Widerstand, der aus der Bevölkerung kommt, ist geharnischt. Was und ob etwas bewirkt werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Fest steht aber, dass weiter dafür gekämpft wird, die Umsetzung des Fernpass-Pakets in der Form nach Kräften zu verhindern. Regina Karlen abschließend: „Wir fordern Bürgerversammlungen in den Gemeinden, bei denen den Menschen zugehört wird. So erhalten die Bürgermeister ein Stimmungsbild der Bevölkerung, das dann weitergetragen werden kann.“

SACHLICH NICHT EMOTIONAL. Bei der Planungsverbandsversammlung wurde die Fernpass-Thematik unter dem Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ behandelt. Planungsverbandsobmann Bgm. Wolfgang Winkler betonte im Gespräch mit der RUNDSCHAU: „Wir müssen trachten, diese Thematik wieder auf eine sachliche Eben zu stellen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass wir als Planungsverband schon viel unternommen haben, um den Verkehr ins Inntal zu reduzieren.“ Winkler nannte beispielsweise das Ärztezentrum in Pflach, das die medizinische Versorgung der Bevölkerung vor Ort wesentlich verbessert oder die Forcierungen im Bildungssektor – Stichwort „Selbstständigkeit der HTL Reutte“. Mit diesem Maßnahmen bleibe der heimischen Bevölkerung so manche Fahrt nach Innsbruck erpart. „Abgeschiedenheit kann auch ein Vorteil sein“, so Winkler.  Für den Planungsverband ist die Anbindung an das Ehrenbergareal bzw. die Maßnahme am Katzenberg wichtiger als der Fernpasstunnel. Dieses Projekt soll priorisiert werden, diesbezüglich laufen Gespräche.
Reuttes Bürgermeister Günter Salchner hält den Scheiteltunnel „für den größten Blödsinn, was mehrheitlich die Meinung der Bürgermeister ist“. Bei der Sitzung des Reuttener Gemeinderates, die ebenfalls am 21. März stattfand, waren zwei „artverwandte“ schriftliche Anträge von der FPÖ und den Grünen eingegangen. Die FPÖ forderte, das Fernpass-Paket bestenfalls zu verhindern. Zu viele Fragen seien offen, so GR Daniela Weirather. Die Grünen forderten in ihrem Antrag, der Gemeinderat möge den Beitritt zum Transitforum beschließen. GR Margit Dablander erklärte dazu: „Beim Landtag wurden gute Argumente der Oppostion ignoriert, daher unser Antrag. Wer nicht kämpft, kann nicht gewinnen!“ Bevor Beschlüsse gefasst werden, braucht der Gemeinderat eine Position zum Fernpass-Paket. Den beiden Anträgen Dringlichkeit zu verleihen, wurde mit 12 Ja-Stimmen und sieben Enthaltungen abgelehnt. Der Vorschlag, die Anträge auf die Tagesordnung der Mai-Gemeinderatssitzung zu geben, wurde einstimmig angenommen.

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